Jetzt ist es raus. Was bereits seit langer Zeit im Retail und in der Hotellerie Anwendung findet, jedoch aus Sicht der Wirkungseffizienz lange nicht eindeutig erklärt werden konnte, wurde endlich bewiesen. Eine gezielte Aktivierung der Sinne durch Musik (hören), Duft (riechen) und Farbe (sehen) beeinflusst das Konsumentenverhalten in nicht unerheblicher Weise.
Im Untersuchungszeitraum von 1982 bis 2016, wurden in einer Metaanalyse mehr als 15.600 Probanden (durchschnittlich etwa 33 Jahre / weiblich ca. 61%) untersucht.
„Wir konnten zeigen, dass sich auf aggregierter Ebene zuverlässige Reaktionsmuster im Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten auf eine atmosphärische Stimulation durch Musik, Gerüche und Farben einstellen.“ (Holger Roschk)
Die sensorische Wirkung auf den Konsumenten ist in der Regel implizit (vgl. Codes der Multisensorik).
Der Gast ist sich nicht bewusst, dass Räumlichkeiten in Gastronomie und Hotellerie häufig mit Düften und Gerüchen versehen werden. So wird beispielsweise das Hungergefühl eines Gastes verstärkt, wenn es im Ladenlokal bereits nach leckerem Essen duftet. Schuld daran ist einzig und alleine unser Gehirn. Einmal mehr ist es der Ursprung von fast allem.
„Konkret zeigen die Ergebnisse beispielsweise, dass in Einkaufsumgebungen mit Musik oder Gerüchen Menschen sich wohler fühlen und höhere Kaufabsichten besitzen als in Umgebungen, in denen dies nicht der Fall ist.” (Holger Roschk)
Quelle: YouTube — DW Deutsch
Konsumentenverhalten: visuell-sensorische Erkenntnisse
In puncto Farbe steht eines fest. Warme Farben (z.B. Rot oder Orange) wirken aktivierend und anregend. Kühle Farben (z.B. blau oder violett) wirken stimulierend und demnach positiv auf die Zufriedenheit der Konsumenten. Sollen diese Erkenntnisse in der Praxis angewendet werden, ergeben sich Handlungsempfehlungen:
- Design der Verkaufsinseln und Präsentationsbereiche mit vielen roten bzw. orangen Elementen
- Design der Service- und Reklamationsbereiche mit blauen oder violetten Elementen
Konsumentenverhalten: olfaktorisch-sensorische Erkenntnisse
In einer Studie mit 250 Personen bekamen die Probanden entweder ein Glas Weißwein oder Rotwein und wurden in fünf verschiedene Räume mit unterschiedlicher Hintergrundmusik geführt. So wurde der ersten Gruppe „Carmina Burana“ von Carl Orff, der zweiten der „Blumenwalzer“ von Pjotr Tschaikowsky, der dritten „Just Can’t Get Enough“ der französischen Band Nouvelle Vague und der vierten Gruppe „Slow Breakdown“ von Michael Brook vorgespielt, während sie ihren Wein konsumierte. Die Probanden im fünften Raum, in dem keine Musik lief, dienten als Kontrollgruppe.
Das Ergebnis: Die Hintergrundmusik hatte auf die Wein-Bewertung der Teilnehmer erheblichen Einfluss. Die Vergleiche der Musik-Gruppen mit der Kontrollgruppe zeigten eine deutliche Präferenz der Orff-Gruppe hin zu „kraftvoll und schwer“. Die Balladen-Gruppe fand denselben Wein „weich und zart“. Die Tschaikowsky-Gruppe hingegen empfand den Wein „ausgereift“, die Nouvelle-Vague-Probanden fanden ihn erfrischend.
Augenscheinlich haben Eigenschaften der Musik Einfluss auf die Geschmackswahrnehmung der Menschen. Musik kann Emotionen hervorrufen, welche beispielsweise mit Kraft und Energie oder Ruhe und Zärtlichkeit in Verbindung gebracht werden. Diese Emotionen beeinflussen auch die Zunge.
In einer weiteren sehr interessanten Studie wurde in einem Supermarkt abwechselnd französische Akkordeonmusik und deutsche Blasmusik eingespielt. Das Ergebnis dürfte nun nicht mehr allzugroße Verwunderung hervorraufen. Denn tatsächlich waren bei Musik aus Frankreich 77% der verkauften Weine, französische Weine. Genauso mit der deutschen Blasmusik — hier waren 73% der verkauften Weine, Weine aus Deutschland.
Sollen diese Erkenntnisse in der Praxis angewendet werden, ergeben sich Handlungsempfehlungen:
- Musikauswahl, Verwendung als Hintergrundmusik, ist implizit beeinflussend und hat somit enormen Einfluss auf die Aktivierung von Kaufprozessen bei den Konsumenten.
- Musikauswahl, Verwendung als Hintergrundmusik, ist implizit beeinflussend und hat somit enormen Einfluss auf die Auswahl-Entscheidungsphase im Kontext von Kaufprozessen bei den Konsumenten.
Fazit
Letztendlich geht es Marketern immer darum, dem Kunden ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis anzubieten und eine Atmosphäre zu erzeugen, in welcher sich Kunden wohl fühlen. Die Studienergebnisse liefern hierbei durchaus eine Art Leitfaden, bei der Verkaufsraumgestaltung sowie in diversen Designumgebungen.
Wichtig ist in diesem Kontext jedoch die bedachte und zielgerichtete Anwendung der sensorischen Maßnahmen, denn eine Reizüberflutung würde den entgegengesetzten Effekt auslösen!
Letztendlich „manipuliert“ auch die Psychologie der Musik das Einkaufsverhalten der Konsumenten.
Elegant und defensiv in die Umgebung der Räumlichkeiten integriert, erzielen langfristige und multisensorisch ausgerichtete Marketingstrategien eine bahnbrechende Wirkung.
Quellen:
Roschk, H., Loureiro, S.M.C. & Breitsohl, J. (2016). Calibrating 30 Years of Experimental Research: A Meta-Analysis of the Atmospheric Effects of Music, Scent, and Color.
Journal of Retailing
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NORTH, A., EINKAUFSVERHALTEN, GESCHMACK, HINTERGRUNDMUSIK, MUSIK, PSYCHOLOGIE DER MUSIK, WEIN, WEINGESCHMACK, ZUNGE. Edinburgh. Studie 5 Räume -> hier — Studie Verkaufsraummusik -> hier
One thought on “Duft, Farbe, Musik — die unterschätzte Wirkung”
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