Emotionen sind stille Faktoren, die uns Menschen tagtäglich beeinflussen — bei allem, was wir tun. Im Marketing, in der Kundenkommunikation sowie in der Marktforschung gilt es stets, Informationen über (potentielle) Kunden zu gewinnen. Die Umfrage als qualitatives Marktforschungselement hat längst an Bedeutung verloren. Insights werden heute mittels bildgebender Verfahren gewonnen. Die Rede ist hier von fMRT, Eye-Tracking und nicht zuletzt von Emotion Tracking!
Customer Insights liefern Daten, welche ausgewertet werden und aufschlussreiche Handlungsempfehlungen darstellen können. Heute wissen wir, dass Kaufentscheidungen emotionale Entscheidungen darstellen. Auch Preisvergleiche sind nicht rational — das ist und bleibt ein Trugschluss. Die tatsächlichen Motive und Beweggründe eines kaufbereiten Kunden sind oft unbekannt — aber messbar. Implizite, unbewusste Prozesse, welche eine Bewertung beim Konsumenten hervorrufen, können heute mithilfe biometrischer Daten sichtbar gemacht werden. Das Emotion Tracking geht dem Unbewussten auf den Grund.
Der stationäre Einzelhandel hat, im Gegensatz zur Online-Welt, hierbei zahlreiche Optionen:
- Zielgruppenspezifische Musik im Verkaufsraum
- Zielgruppenspezifische Düfte (angenehm, aufregend etc.)
- Zielgruppenspezifische Farben, Styles und Designs bei Produkten und Raumgestaltung
- Zielgruppenspezifische Ansprache durch das Verkaufspersonal
(Vgl. Beitrag Duft, Farbe, Musik — die unterschätzte Wirkung)
Eine Analyse der Klicks bei Online-Shops, eine Befragung oder ein Tiefeninterview mit der Kundschaft nach ihrem Einkauf ist zwar gut, hat jedoch lange nicht mehr die erhoffte Aussagekraft zur Bestimmung der wahren Beweggründe. Die Ergebnisse lassen grundsätzlich keine unbewussten Einflussfaktoren zu. Der Befragte weiß ja schließlich, dass er gerade und zu einem speziellen Thema befragt wird. Das Bewusste schlägt hier schnell das Unbewusste.
Physische Reaktionen eines Menschen können durch physiologische Messungen bildlich dargestellt werden. So können Rückschlüsse geschlossen werden, ob eine Werbebotschaft von der Zielgruppe wahrgenommen wird, d.h. ob sie vom Unbewussten der Rezipienten empfangen und ausgewertet werden kann.
Was also im Bereich Neuromarketing wirklich zählt, sind die direkten Reaktionen des Menschen, die nicht vom Großhirn beeinflusst werden, die emotional direkt im Limbischen System entstehen. Jeder Mensch zeigt körperliche Signale, welche die Folge eines Reizes sind. Beispielsweise wird der Herzschlag schneller, die Atmung tiefer oder die Hände klebrig feucht.
Die 5 Methoden des Emotion Tracking
Im Kontext des Emotion Tracking kommen grundsätzlich fünf Methoden sowie zusätzlich das Eye-Tracking zum Einsatz.
- Messung der Atemtiefe [Pulse-Volumen-Amplitude]; Platzierung einer Klammer am linken Zeigefinger → Darstellung des Interesses eines Probanden an dem, was er gerade wahrnimmt.
- Messung der Schweißabsonderungen [Elektrodermale Aktivität]; Platzierung von zwei Elektroden an der Innenfläche der linken Hand eines Probanden → Darstellung der emotionalen Aktivität — positiv (Erregung) / negativ (Stress, Müdigkeit etc.).
- Messung des Herzschlags [z.B. EEG]; Platzierung von Elektroden auf der linken Brusthälfte → Darstellung von Entspannung oder Belastung.
- Messung der Hirnströme [kognitiver Aufwand]; Platzierung einer Kopfhaube mit Elektroden → Darstellung von Konzentration und Denkleistung der Probanden.
- Messung der Gesichtsmuskelaktivität [emotionalen Bewertungen]; Platzierung von Elektroden um Mund, Nase und Stirn der Probanden → Darstellung von Emotionen, welche durch Mimik ausgedrückt werden, wie z.B. ein Lächeln, ein Rümpfen der Nase oder ein Runzeln der Stirn. Hierbei können Stadien der Aktivierung, wie z.B. Begeisterung oder Ablehnung, abgeleitet werden.
Ergänzt werden die fünf Methoden durch das Eye-Tracking. Hierbei werden die Blickbewegungen der Augen eines Probanden aufgezeichnet und ausgewertet. Mithilfe dieser Methode wird eine sog. Heat-Map erstellt. Eine Heat-Map zeigt farblich von gelb/grün (wenig Blickkontakt) bis dunkelrot (viel Blickkontakt), welche Bereiche einer Werbeanzeige, einer Webseite etc. bevorzugt von den Testpersonen betrachtet werden. Letztendlich können aus der Summe aller Messmethoden Handlungsempfehlungen für die Gestaltung geeigneter Marketingmaßnahmen gewonnen werden.
Anwendung in der Praxis — professionell
Wer Emotion Tracking Studien inklusive Probanden, Messtechnik, Fachpersonal etc. durchführen lassen möchte, braucht in erster Line und zunächst einmal ein sattes Budget. Die Kosten bewegen sich hier schnell im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich.
Anwendung in der Praxis — semiprofessionell
Das Unternehmen Emotiv Inc. hat ein Emotion Tracking Device entwickelt, welches für Selbsttests herangezogen werden kann. Emotiv Insight 5 Channel Mobile EEG ist ein mobiles 5‑Kanal EEG Messgerät mit einer Gehrin-Computer Schnittstelle.


Emotiv Insight wurde basierend auf jahrelangen, wissenschaftlich fundierten Forschungen und Erfahrungen konzipiert. Das neue Tracking-Analyse Tool brainwear® ist elegant, leicht und benutzerfreundlich.
Für kleine Testreihen sicher ein kostengünstiges und geeignetes Messverfahren.
Das Emotiv Insight 5 Channel Mobile EEG gibts bereits für 299 $ bei Emotiv Inc. Für kleine Tests und Selbstzwecke eine wirklich gute Lösung.
Wer es doch gerne etwas professioneller hätte, der kann auf den Emotiv EPOC Flex Gel Sensor Kit zurückgreifen. Die Installation und Einrichtung dauert etwa 15–30 Minuten — dann ist das 2,099 $ teure High-Density-Wireless-EEG betriebsbereit.

Die Größe der Haube, sowie die Sensorpositionen können frei konfiguriert und im Labor entsprechend den individuellen Anforderungen angepasst werden. Mithilfe der Emotiv-Lösungen können aktuell sechs verschiedene Zustände in Echtzeit gemessen werden.
- Erregung [Aufregung]
- Interesse [Wertigkeit]
- Stress [Frustration]
- Aufmerksamkeit [Engagement/Langeweile]
- Entspannung [Meditation]
Anwendung in der Praxis — für jedermann
Smart Watches und Wearables sind mittlerweile teil unseres täglichen Lebens und bei vielen Menschen sogar Substitutionsprodukte zu klassischen Armbanduhren. Warum sollten smarte Armbänder oder Armbanduhren nur den Puls messen oder die tägliche Schrittzahl aufzeigen. Die Wearables Industrie ist bewegt sich stets am Puls der Zeit.
Der Wearables US-Konzern Sentio Solutions hat bereits vor zwei Jahren den Prototyp eines neuen, tragbaren Trackers präsentiert. Das Armband Feel ist aus Leder und verfügt über einen Emotion-Tracker. Mit Feel können sämtliche Emotionen im Tagesverlauf gemessen und anschließend Lösungen zur Verbesserung dargestellt werden. Das intelligente Armband soll seinen Träger warnen, wenn sein Körper biometrische Signale sendet, welche beispielsweise unter Stress entstehen.

Ausgestattet ist Feel mit vier Sensoren zur Messung, Kontrolle und Analyse der biometrischen Signale. Selbstverständlich ersetzt das Armband nicht die Techniken des professionellen Emotion Trackings. Dennoch lassen sich einige elementare Daten sammeln:
- Blutdruck
- Hauttemperatur
- Galvanische Hautreaktion [Veränderungen des elektrischen Widerstands]
Mithilfe der zugehörigen App, kann die gestresste Person beispielsweise Atem- und Meditationsübungen zum Stressabbau machen.
Fazit
Viele Methoden und Ansätze zur Marktforschung, wie beispielsweise Befragungen, können nur unzureichend Erkenntnisse zu emotionalen Beweggründen einer Zielkundschaft liefern. Wie eine Werbung wirkt und welche unbewussten Prozesse bei den Rezipienten ablaufen, können ausschließlich durch psychologische Bewertungen exakt analysiert werden. Schon das bewusste Nachdenken über eine Frage des Interviewers spiegelt eine kognitive Anstrengung wider.
Durch Emotion Tracking erfolgt eine vollumfängliche Messung der Empfindungen eines Rezipienten und das noch bevor dieser Informationen kognitiv verarbeiten kann. Emotion Tracking ist somit ein ernstzunehmendes und zuverlässiges Handwerkszeug in der Disziplin Neuromarketing — ein Blick hinter die bewusste Fasade der Zielgruppe.